Desinfektionsmittelspender gegen Corona im VW Werk Emden
Karriere-Magazin

Desinfektionsmittelspender aus Emden

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Desinfektionsmittelspender aus Emden

15. Mai 2020

Im Volkswagen Werk Emden laufen normalerweise Passat und Arteon vom Band. In diesen Tagen fertigen die Mitarbeiter selbst entworfene Desinfektionsmittelspender.

3 Minuten Lesezeit

Nach dem Corona bedingten Stillstand in seinen Werken fährt Volkswagen die Produktion seit Ende April Schritt für Schritt wieder hoch. Dabei legt das Unternehmen großen Wert auf die Einhaltung von Hygiene-Regeln. Dazu zählt unter anderem, dass sich die Mitarbeiter ihre Händedesinfizieren. Aus diesem Grund wurden kurzfristig an fast allen Standorten große Desinfektionsmittelspender aufgestellt.

„Diese sind eine echte Volkswagen Eigenentwicklung“, sagt Dirk Nieschulze voller Stolz. Nieschulze leitet im Komponentenwerk Braunschweig das sogenannte Kompetenz Center Technik. Normalerweise stellen die Mitarbeiter dort Blech- und Kunststoffwerkzeuge sowie komplette Produktionsanlagen her, etwa für die MEB-Batteriesysteme.

VW Mitarbeiter zeigen Desinfektionsmittelspender gegen Corona im VW Werk Emden
Dirk Nieschulze und Friedrich Strömer 

Teams arbeiten kreativ zusammen

Dabei werden sie regelmäßig von Kollegen aus dem Anlagen- und Werkzeugbau in Emden unterstützt. Im Tagesgeschäft, weiß Nieschulze, seien Abteilungen oftmals in ihren eigenen Regelprozessen gefangen. „Wenn wir aber Teams zusammenführen, auch von verschiedenen Standorten, dann befruchten sich diese kreativ und es entsteht ein großer Mehrwert für das Unternehmen“, sagt der 54-Jährige. Frei nach dem MacGyver-Motto: Geht nicht gibt’s nicht! So haben die Kollegen aus Braunschweig und Emden seinerzeit etwa gemeinsam Vorrichtungen für die Batteriesystemmontage im Werk Braunschweig gebaut. „Das gab es nicht von der Stange zu kaufen“, so Nieschulze.

Bei den Desinfektionsmittelspendern wäre das theoretisch möglich gewesen. „Um hohe Anschaffungskosten und lange Lieferzeiten zu vermeiden, haben wir uns aber überlegt, wie wir die Geräte selbst herstellen können“, erläutert Nieschulze. Mittwoch vor Ostern waren die Kollegen aus dem Anlagenbau in Emden zum Brainstorming in Braunschweig, einen Tag später wurde in einer Videokonferenz bereits das erste Konzeptmuster besprochen. Und dann ging es auch schon an den Aufbau des Prototyps.

„Das kurzfristig zusammengestellte Team aus Emden ist sofort begeistert in diese Herausforderung gegangen. Jeder hat seine Ideen eingebracht und wollte die Anlage zum Erfolg bringen“, sagt Fertigungsleiter Thomas Scholz und nennt als ein Beispiel die Kollegen aus der Wagenfertigstellung. „Die haben bei uns im Werk jeden Winkel nach Teilen abgesucht, die wir möglicherweise für den Desinfektionsmittelspender verwenden können.“

Dieses Beispiel zeigt, wie viel Potenzial wir in unserem Unternehmen haben und was dabei herauskommt, wenn alle an einem Strang ziehen.
Thomas Scholz
Fertigungsleiter im Werk Emden

Teile aus der Volkswagen Welt

Dieser besteht aus genau 146 Einzelteilen, die meisten davon stammen aus der Volkswagen Welt. Die Düse, aus der das Desinfektionsmittel kommt, wird normalerweise in der Frontscheibenreinigungsanlage des Passat verbaut. Die Edelstahl-Schale, in die die Mitarbeiter ihre Hände bei der Desinfektion halten, wird auch in den Salatbars der Volkswagen Kantinen verwendet.

Kopfzerbrechen bereitete zunächst die Suche nach dem passenden Korpus für die Anlage. Die ersten Ideen - unter anderem war mal angedacht, ein Regal aus dem Baumarkt zu nehmen - wurden allesamt wieder verworfen. Auf der dreistündigen Rückfahrt von Braunschweig nach Emden hatte Friedrich Strömer, unter den Kollegen für seine kreativen Lösungen bekannt, dann die zündende Idee: Als Korpus werden Blechtonnen verwendet, die zuvor als Transportverpackung von Klebern eingesetzt wurden und normalerweise verschrottet würden.„Die haben genau die richtige Größe und sind aufgrund ihrer Form extrem standfest“, sagt Strömer, der in Emden Leiter des Betriebsmittel- und Anlagenbau ist.

Die Produktion des Prototyps war echte Teamarbeit. Etwa ein Dutzend Kollegen habe mit angepackt, , sagt Fertigungsleiter Scholz. Ob Schweißer, Elektroniker, Werkzeugmacher oder Industrie­mechaniker – jeder brachte sein Know-how ein. „Dieses Beispiel zeigt, wie viel Potenzial wir in unserem Unternehmen haben und was dabei herauskommt, wenn alle an einem Strang ziehen“, schwärmt Scholz und spricht von einem „tollen Gefühl“, als der Prototyp Ostersamstag in Betrieb genommen wurde, wie erhofft funktionierte – und in der Woche darauf von der Arbeitssicherheit abgenommen wurde.

Desinfektionsmittelspender gegen Corona im VW Werk Braunschweig
An vielen Eingängen, wie hier im Werk Braunschweig, können sich die Volkswagen Mitarbeiter ihre Hände desinfizieren.

100 Spender pro Woche

Die Vorserie haben die Volkswagen Mitarbeiter in Emden mittlerweile hinter sich gelassen, längst befindet sich das Team in der Serienfertigung. Mittlerweile hat die Anlage sogar eine CE-Kennzeichnung erhalten, erzählt Scholz stolz. Diese dokumentiert die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen. Bis zur Endkontrolle, Abnahmeprotokoll und Fotodokumentation inklusive, sind es sechs Takte à 20 Minuten. Pro Woche werden aktuell rund 100 Desinfektionsmittelspender gebaut und in die deutsche Volkswagen Welt ausgeliefert.

Seien es die Komponentenwerke in Kassel, Chemnitz und Salzgitter, die Fahrzeugwerke in Zwickau, Wolfsburg und Osnabrück oder aber die Gläserne Manufaktur in Dresden – überall kommen die Automaten „Made in Emden“ zum Einsatz. „Das macht uns schon ein wenig stolz, dass wir unseren Teil zur Eindämmung der Corona-Pandemie beitragen können“, sagt der Fertigungsleiter, ehe er sich entschuldigen lässt. Die Kollegen von Porsche sind an diesem Tag in Emden zu Besuch. Auch sie haben Interesse an den Desinfektionsanlagen angemeldet.