Blick auf die Rennpiste des Hockenheimrings

Das war die Formula Student 2019

Das war die Formula Student 2019

30. September 2019

119 Teams aus 25 Nationen, davon vier Volkswagen Teams, sieben Tage und eine heiße Rennwoche: Die Formula Student Germany 2019 brachte erneut angehende Ingenieure mit Autoherstellern zusammen. Auch Volkswagen war vor Ort, um seine Teams zu unterstützen und Karrieremöglichkeiten aufzuzeigen. Austragungsort des Konstruktionswettbewerbs: der Hockenheimring. 

3 Minuten Lesezeit
Die Nächte sind kurz und die Tage lang.
Leonard
Rennstall Aachen

Vor dem Eingang steht ein Meer aus Zelten. Frühmorgens geht es bereits los, spätestens um 6.30 Uhr ist das Aachener Team „Ecurie Aix“ in der Boxengasse. Jetzt steigt die Anspannung: Mitglieder und Leitung des Teams beraten, was vor dem nächsten Wertungslauf ansteht: hier noch ein wenig das Getriebe optimieren, dort den Sturz der Räder einstellen oder noch mal die Software checken. „Die Nächte sind kurz und die Tage lang. Wir zelten direkt an der Rennstrecke, um möglichst kurze Wege zu haben“, sagt Leonard Hysky vom „Rennstall Aachen“, wie das Team ins Deutsche übersetzt heißt. Wo sich normalerweise Formel-1-Legenden und DTM-Fahrer unter tosendem Motorenlärm die Klinke in die Hand geben, steht heute eine der wichtigsten Prüfungen der Formula Student Germany auf dem Programm: der „Autocross“.

Mehrere Formelfahrzeuge

Doch von Getöse kann diesmal kaum die Rede sein: Alle von Volkswagen unterstützten Teams setzen ausschließlich auf Elektromotoren. Die Boliden der Teams „DUT Racing“ aus dem niederländischen Delft und „e-gnition“ der TU Hamburg fahren sogar autonom, kommen also ohne menschlichen Fahrer aus. Das „Lions Racing Team“ der TU Braunschweig hat einen elektrisch betriebenen Rennwagen im Gepäck, der in der von einem Rennfahrer gesteuerten „Electric“-Klasse antritt. Als einziges Team hat die RWTH Aachen sowohl einen Electric- als auch einen Driverless-Wagen dabei.

Die Teams an den Formelfahrzeugen

Jedes der Teams hat seine Formelfahrzeuge selbst geplant, entworfen und konstruiert. Und das ist für viele ein Vollzeitjob: „Ende August beginnen wir mit der Planung, die Teile konstruieren wir dann am Rechner bis Ende November. Die Produktion der Teile läuft bis ins Frühjahr und im Mai beginnen die ersten Testfahrten“, verrät Leonard. Dann beginnt für die Teams die Wettbewerbssaison, bei der sie die Möglichkeit haben, an internationalen Wettbewerben zum Beispiel in Ungarn, Italien oder Österreich teilzunehmen, bevor es Anfang August zum wichtigen Wettbewerb der Formula Student Germany an den Hockenheimring geht.  

Nach der Formula Student ist also immer auch vor der Formula Student. „Es gibt kein festes Kernteam, weil die Studenten nach ein paar Semestern ja weiterziehen. Wir achten darauf, dass die neuen Leute vernünftig eingearbeitet werden. Hier haben wir auch ein paar neue Leute dabei, um sie schon mal auf die Hektik der Formula Student vorzubereiten.“

Feel Good @ Volkswagen

Unser Truck und die von uns unterstützten Teams
Die von Volkswagen unterstützten Teams vor unserem Truck
Mich begeistern die Menschen hier. Wenn man mit ihnen spricht und sie fragt, warum sie hier teilnehmen, wird schnell klar: weil es ihnen Spaß macht.
Prof. Stefan Gies
Leiter Baureihe Mid-/Fullsize
Prof. Stefan Gies Leiter Baureihe Mid-/Fullsize bei Volkswagen

Was ein Teamchef lernt

So war es auch bei Tim Schulte, dem aktuellen Teamchef von Ecurie Aix. „Ich war schon ein paar Jahre Teil des Teams und wollte in einer führenden Position als Leiter Getriebe und Fahrwerk dabeibleiben. Dann fragte mich der Teamchef aus dem Vorjahr, ob ich Lust hätte, die Teamleitung zu übernehmen. Das hat mich sehr weitergebracht, ich habe viel gelernt. Nicht nur auf technischer Ebene, sondern auch auf menschlicher Ebene und wie man etwas organisiert und plant. Ich würde es immer wieder machen und jedem empfehlen.“ Tim merkt aber an: „Trotzdem werde ich nächstes Jahr nicht als aktives Teammitglied mitwirken, da ich mein Studium beenden möchte. Ich werde aber den neuen Teamchef anlernen und dann als Alumnus das Team weiterhin unterstützen.“

Tim arbeitet am Cockpit des ecurieaix Rennwagens
Tim arbeitet am Cockpit des "ecurieaix" Rennwagens
  Fachsimpeln mit Prof. Stefan Gies von Volkswagen
Fachsimpeln mit Prof. Stefan Gies von Volkswagen

Und genau diese Hingabe imponiert selbst Volkswagen Schirmherr und Leiter der Mid- und Fullsize-Baureihe Prof. Dr. Stefan Gies: „Mich begeistern die Menschen hier. Wenn man mit ihnen spricht und sie fragt, warum sie hier teilnehmen, dann wird schnell klar: weil es ihnen Spaß macht. Dafür geben die Studenten teilweise sogar Semester auf, was nicht jedem leichtfällt. Wir wollen hier am Hockenheimring in persönlichen Gesprächen rüberbringen, dass die Teilnahme bei der Formula Student trotzdem eine wichtige Qualifikation ist, die wir bei einer Bewerbung auch anerkennen. Dadurch bekommen wir junge Nachwuchskräfte, die bereits die Theorie in die Praxis umgesetzt, mit Teams gearbeitet und sich Management-Qualitäten erarbeitet haben. Es geht aber auch um das richtige Maß: Wenn man zwei, drei Semester dafür investiert, dann ist das schon toll, man darf den Schwerpunkt Studium aber nicht außer Acht lassen.“

Die Rennwoche der Volkswagen Teams

Doch überhaupt anzutreten ist gar nicht so einfach: Die Teams entscheiden vor der Wettbewerbssaison, an wie vielen und welchen Formula-Student-Wettbewerben sie teilnehmen wollen. Über allem steht die Budgetfrage, doch die Teams müssen auch ein Quiz bestehen, die ihnen einen Platz auf der Nennungsliste sichern.

Am Hockenheimring stehen den qualifizierten Teams insgesamt sieben Prüfungen bevor: drei statische und vier dynamische. Die angehenden Wirtschaftsingenieure der Teams präsentieren zunächst ihre Businesspläne und Kostenaufstellungen. Obwohl die Formula Student maßgeblich ein Konstruktionswettbewerb ist, dürfen die Studenten diese Disziplinen nicht vernachlässigen: Ein Drittel der Gesamtnote, die am Ende den Sieger ausmacht, entfällt auf diese statischen Prüfungen. Zudem wird das „Engineering Design“ bewertet, etwa der sinnvolle Einsatz bestimmter Materialien sowie die Konstruktion. Hier schneiden die Studenten ordentlich ab.

 Detailaufnahme Feineinstellungen

Bevor die Fahrzeuge auch nur einen einzigen Meter auf dem Parcours zurücklegen dürfen, müssen sie das Scrutineering bestehen. Unter anderem müssen die Elektroautos eine Dichtigkeitsprüfung und einen Bremstest bestehen. Erst, wenn der Test bestanden ist, geht es auf die Rennstrecke. Die vier dynamischen Disziplinen bestehen aus einem Beschleunigungstest, dem Handling-Parcours „Skid“ und einem „Autocross“ genannten komplexen Parcours, auf dem sie zwei Runden absolvieren müssen.

Blick auf die Piste

Höhepunkt der Dynamik-Tests für Elektroautos ist die „Endurance“. Bei der Ausdauerprüfung fahren die Studenten insgesamt 22 Kilometer – es ist mit Abstand die härteste Prüfung und war in der Vergangenheit Grund für viele Ausfälle. Das Aachener Team hat in diesem Jahr zum ersten Mal seit 2015 in Hockenheim wieder eine Endurance bestanden und erreicht im Gesamtergebnis des Wettbewerbs einen hervorragenden vierten Platz – mit nur elf Punkten Abstand auf den dritten Platz und nach Punkten das beste Ergebnis der Vereinsgeschichte.

Anders als die Elektroautos müssen die fahrerlosen Fahrzeuge nicht 22 Kilometer, sondern zehn Runden ausfallsfrei bestehen. Das Driverless Team von Delft darf sich in dieser „Track Drive“ genannten Wertung über einen vierten Rang freuen, Hamburg landete auf dem fünften Platz. In der Gesamtwertung hat Delft einen dritten Platz und somit einen Platz auf dem Treppchen erzielt. Die TU Hamburg belegte den fünften und die RWTH Aachen den siebten Platz.

Hinter den Kulissen: der Weg auf die Rennpiste

1
Zeit für Endurance

Das Team der RWTH Aachen trifft die letzten Vorbereitungen vor dem Lauf und überprüft die Elektrik des Wagens, mit dem sie in der gleichnamigen Electric-Kategorie antreten.

Endurance - Das Team der RWTH Aachen trifft die letzten Vorbereitungen
2
Letzter Check

Teamchef Tim unterzieht den Elektro-Renner einem letzten rigorosen Check der Elektronik und setzt abschließend das Lenkrad ein.

Check der Elektronik und Einbau des Lenkrades
3
Auf geht's

Nach den letzten Checks rollt der Rennbolide in Richtung Startlinie.

Der Rennwagen fährt auf die Piste
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Helm auf

Lukas: der Fahrer, auf dem nun der ganze Druck lastet. Er testet bereits seit Monaten am Steuer des Aachener Elektroautos dessen Fahrverhalten und gibt dem Team hierzu wichtige Informationen. Jetzt wird sich gleich zeigen, wie gut die Vorbereitungen waren.

Fahrer Lukas setzt sich den Fahrerhelm auf
5
Startschuss

Als der Startschuss fällt, performen Auto und Fahrer perfekt. Ein guter Start. Am Ende springt ein hervorragender 4. Platz für das Aachener Team heraus, nach Punkten das beste Ergebnis der Vereinsgeschichte und nur 11 Punkte Abstand auf den 3. Platz.

Startschuss